Als eines der größten Klinikunternehmen in der Region gehen die Bezirkskliniken Mittelfranken den Werdenfelser Weg. Bereits 2019 hat sich das Bezirksklinikum Ansbach der Initiative „Werdenfelser Weg“ verpflichtet.
Die Initiative wurde 2007 in Garmisch-Partenkirchen vom dortigen Amtsgericht und der Betreuungsstelle des Landkreises gegründet. Grundgedanke der bundesweit stetig wachsenden Initiative ist es, Fixierungen und freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bauchgurte, Bettgitter oder Vorsatztische in stationären Einrichtungen der Altenpflege und für Menschen mit Behinderungen, sowie in somatischen und psychiatrischen Krankenhäusern weitestgehend zu vermeiden.
Anna Schmidt, Pflegedienstleiterin am Bezirksklinikum Ansbach, hat sich 2018 als Verfahrenspflegerin „Werdenfelser Weg“ schulen und zertifizieren lassen. „Gerade in der Gerontopsychiatrie müssen wir ganz stark auf die Bedürfnisse und Wünsche unserer Patientinnen und Patienten eingehen“, erklärt sie. „Menschen, die z.B. an Demenz leiden, zeigen oft ein scheinbar aggressives Verhalten. Diese abwehrende Haltung ist jedoch in der Regel nur ein Zeichen dafür, dass sie überfordert sind, Angst haben und nicht verstehen können, was wir von ihnen möchten. Mit dem Deeskalationsmanagement, das stark auf Kommunikation setzt und das wir in den Bezirkskliniken Mittelfranken seit langem umsetzen, können wir solchen Verhaltensweisen bereits sehr gut begegnen. Der Werdenfelser Weg ergänzt diese Maßnahmen zusätzlich und trägt entscheidend dazu bei, dass wir unseren Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen lassen können“, führt Anna Schmidt weiter aus.
So kommen z.B. statt Bettgittern, die verhindern sollen, dass Patienten aus dem Bett fallen und sich verletzen, sogenannte Niederflurbetten zum Einsatz. Diese Betten sind deutlich niedriger, so dass zusammen mit Sensor- und normalen Sturzmatten, die vor den Betten platziert werden, die Sturz- und Verletzungsgefahr deutlich verringert ist. Easywalker geben den Patientinnen und Patienten wieder Bewegungsfreiheit. Mit den Gehhilfen können sie sich ohne Gefahr und vor allem ohne fremde Hilfe frei auf den Stationen bewegen. Der Einsatz von Sturzprotektoren sorgt gleichzeitig dafür, eventuelle Sturzfolgen zu minimieren. Im Bezirksklinikum Ansbach werden zudem Therapiepuppen in der Pflege von Demenzpatienten eingesetzt. Diese Puppen sind ein Teil der Biographiearbeit. Sie ermöglichen bzw. erleichtern die Kommunikation mit den Seniorinnen und Senioren und reduzieren die sogenannte Hinlauftendenz, den Drang etwas erledigen zu müssen. Patienten, die wegen Sturzgefahr, nicht ohne Begleitung aufstehen und laufen sollen, bleiben mit der Puppe sitzen, kommen zur Ruhe und gönnen sich oft sogar ein Nickerchen mit der Puppe auf dem Schoss.
„Allein mit diesen Hilfsmitteln können unsere Patientinnen und Patienten sich ein großes Stück Selbständigkeit bewahren. Das ist uns sehr wichtig. Und ich bin sicher, dass wir noch viele weitere Hilfsmittel zum Einsatz bringen können, die den Klinikalltag für alle leichter machen, ohne dass wir freiheitsenzziehende Maßnahmen anwenden müssten“, so Pflegedienstleiterin Anna Schmidt. „Das gesamte therapeutische Team unterstützt und trägt diese Gedanken“, ergänzt Prof. Dr. Mathias Zink, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Bezirkskrankenhaus Ansbach. „Es gibt immer auch medikamentöse Möglichkeiten in der Behandlung der Unruhe und Verwirrtheit im Alter“, so der Mediziner. „Diese stellen aber bestenfalls die zweite Wahl dar: Alles, was wir ohne Medikamente erreichen können, sollten wir mit großer Entschiedenheit versuchen. Das sagen auch die aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften“. Der Arzt wünscht sich, dass die in Ansbach gelebte Praxis auch ausstrahlt auf die stationäre Behandlung in Heimen oder die ambulante Behandlung in der häuslichen Wohnumgebung.