Seit Jahrtausenden, von der Antike bis zur Gegenwart, wird Meditation als ein altbekannter Weg nach innen praktiziert. Heute, aus der mystischen Ecke herausgenommen, wird Meditation auch für nichtspirituelle Zwecke eingesetzt. Die ursprüngliche Innenschau aus religiösen Gründen ist in den Hintergrund getreten. Das Interesse gilt mehr den faszinierenden Wirkungen von Meditation auf Körper und Geist, die in den verschiedensten Bereichen genutzt werden können. Ob in der Selbstfindung oder Persönlichkeitsentwicklung, in der Bildung oder Pädagogik, in der Gesundheitsvorsorge und sogar in der Medizin, Meditation hat als probates Mittel zur Stressbewältigung und als Weg zu Entspannung, Gelassenheit und Wohlbefinden längst ihren Platz in der psychologischen Arbeit gefunden.
Aber auch auf der körperlichen Ebene bietet Meditation handfeste Vorteile. Durch die nachweisliche Aktivierung des parasympathischen Nervensystems kommt es zur Entspannung des Körpers, eine wichtige Voraussetzung für die Aktivierung der Selbstheilungs- und Selbstregulierungsmechanismen. Das Nervensystem ist mit allen physiologischen Vorgängen im Körper verbunden. Studien zeigen, dass regelmäßige Meditation beispielsweise zur Schmerzreduktion, verbessertem Schlaf, Stärkung des Immunsystems, stärkerer Resilienz oder Abnahme von Entzündungen führen kann. Sogar die Nervendichte im Hippocampus (einer wichtigen Schaltstelle im limbischen System des Gehirns) kann zunehmen, woraufhin sich Auffassungsgabe, Denk- und Gedächtnisleistung verbessern. Die Aktivität des Mandelkerns (Amygdala), den man als das Angstzentrum des Gehirns bezeichnet, lässt nach. Meditation wirkt sich harmonisierend auf das Hormonsystem aus, weil sie dem Körper hilft, vermehrt stärkende Hormone auszuschütten und Stresshormone zu reduzieren. Hormone, wie das Glückshormon Serotonin, das körpereigene Schmerzmittel Endorphin oder das Schlafhormon Melatonin sind wichtige Botenstoffe, die von verschiedenen Drüsen des Körpers gebildet werden. Durch die Regulierung des Hormonhaushalts können viele Krankheiten indirekt kuriert werden.
Aus der Hirnforschung weiß man, dass sich die elektrische Aktivität des Gehirns in verschiedenen Frequenzbändern (beispielsweise Alpha, Beta, Theta, Delta, Lambda etc.) abspielt und sich die jeweils dominante Herzfrequenz stark auf Körper und Psyche auswirkt. Am oberen Ende der sogenannten Betaskala (12–38 Hz) beispielsweise neigt der Mensch zu Übererregung und Unruhe. Nimmt die Frequenz ab – was sich durch Meditation hervorragend erreichen lässt – gelangt das Gehirn in den Alphazustand (8–12 Hz), der sich durch erhöhte geistige Klarheit, bessere kognitive Fähigkeiten und leichtere körperliche Eigenheilung auszeichnet. Jeder Mensch erlebt den Alphazustand kurz vor dem Einschlafenoder nach dem Aufwachen oder beim Versinken in einem schönen Erlebnis, wie dem Betrachten eines Sonnenuntergangs.
Meditation ist kein klar definierter Begriff. Der Interessierte kann aus einer Fülle von aktiven und passiven, traditionellen und moderneren Mediationsformn wählen, um sich die genannten Vorteile - und viele mehr - zunutze zu machen.
Auch in der Psychiatrie ist Achtsamkeitstraining eine Meditationstechnik, die ursprünglich aus dem Buddhismus stammt, zu einem festen Bestandteil der therapeutischen Arbeit geworden. Dabei geht es um Achtsamkeit in der Körperwahrnehmung, beim Gehen und beim Handeln. Durch Beobachtung des Atems oder Konzentration auf ein bestimmtes Objekt erreicht man ein Gewahrsam im Hier und Jetzt.
Auch bei vielen anderen meditativen Techniken, wie beispielsweise dem autogenen Training oder der Progressiven Muskelentspannung (PMR) spielen Körperwahrnehmung, Beobachtung des Atems und Akzeptieren des Gegebenen eine zentrale Rolle. Allein die Wahrnehmung und bewusste Entspannung der Hand sendet Informationen der Entspannung an das entsprechende Areal im Gehirn, die dort direkt verarbeitet und gespeichert werden. Zu den aktiveren Meditationsformen zählen spezielle Atemübungen, Tönen, Singen, Rezitieren von Mantras oder heilenden Lauten, die Arbeit mit Symbolen oder Visualisierungen, Fantasiereisen, bestimmte Körperhaltungen oder Hand- und Fingerstellungen (Mudras), wie viele Kulturen sie entwickelt haben, aber auch tägliche Dankbarkeitsrituale. Bewegungen, Tänze, Yoga, Qigong und viele förderliche Übungen mehr wirken allesamt über das periphere Nervensystem auf das Gehirn ein und setzen dort neurophysiologische Prozesse in Gang. Die zwölf Hirnnerven übernehmen dabei eine wichtige Leitungsfunktion.
Zusammenfassen lässt sich feststellen, dass regelmäßiges Meditieren zur Emotionsregulation sowie zu mehr Zuversicht, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein führt. Häufig berichten Meditierende auch von Glücksgefühlen, stärkerem Mitgefühl und verbesserter Teamfähigkeit. Aber auch die Reduzierung von Ängsten und Depressionen wird als positive Wirkung der Meditation genannt. Der Praktizierende kann sich besser von den eigenen Gedanken und Gefühlen distanzieren und sich durch einen Perspektivwechsel oder einen erweiterten Blickwinkel, also von der Warte eines „inneren Beobachters“ aus, leichter Lösungsmöglichkeiten für Probleme, Herausforderungen oder gesundheitliche oder psychische Störungen erschließen. So ent- steht eine neue innere Ressource, auf die man jederzeit zurückgreifen kann, um die Lebensqualität zu verbessern.
Autorin: Rosemarie Kohl, Krankenschwester, B-Station, Frankenalb-Klinik Engelthal